Lieber Besucher dieser Webseite,
seit dem 01.Mai 2024 begrüßen wir Pfarrvikar Dr. Michael Wenz bei uns in der Gemeinde.
Dieses Interview erschien im Gemeindebrief Juni-August 2024:
Wer ist eigentlich dieser Michael Wenz?
Ein neuer Pastor! Seit dem 01. Mai 2024 hat unsere Gemeinde mit Dr. Michael Wenz einen neuen Pastor. Nachdem wir ihn schon in einigen Gottesdiensten erleben durften, wollen wir ihn mit ein paar Fragen in diesem kleinen Interview nun noch etwas besser kennen lernen und ihm mit seinen Antworten die Möglichkeit geben, sich uns vorzustellen:
Herr Pfarrvikar Dr. Michael Wenz, Pastor in Braunschweig und Gifhorn, schon aus praktischen, egoistischen Gründen ist meine erste Frage: Wie soll ich Sie eigentlich ansprechen?
Danke für diese wichtige Frage. Alle Gemeindeglieder können mich gerne mit „Pastor Wenz“ oder mit „Pastor“ anreden. Es ist ja durchaus kompliziert mit der Anrede und mit dem Duzen und Siezen. Ich habe wahrgenommen, dass meine Vorgänger fast alle Gemeindeglieder geduzt haben. Ich selbst wiederum bin das nicht zuletzt von meinem Vikariat her anders gewohnt. Auch in unseren Fortbildungen für die Vikare („Praktisch-Theologisches Seminar“) wurde das Für und Wider von Duzen und Siezen immer wieder abgewogen. Nun ist es so, dass ich einige gerade jüngere Gemeindeglieder schon kannte, bevor ich nach Braunschweig gekommen bin, und wir uns schon geduzt haben. Hier wäre es komisch, wieder zum Sie zurückzugehen. Aber das kann natürlich verwirrend auf andere Gemeindeglieder wirken. Ich möchte an dieser Stelle ganz deutlich sagen: Wenn ich jemanden sieze, möchte ich dadurch keineswegs signalisieren, dass ich Ihnen weniger zugewandt bin oder Sie etwas gemacht haben, das mich den Abstand zu Ihnen suchen lässt. Wen ich erst hier kennengelernt habe, sieze ich in aller Regel. Bei unseren persischen Gemeindegliedern ist es für mich schwierig mit den Nachnamen, die auch sonst meiner Wahrnehmung nach kaum in den Gesprächen untereinander verwendet werden. Darum spreche ich sie mit Vornamen an, sieze sie aber ebenfalls.
Man sagt ja, ‚nomen est omen‘, das gilt vermutlich für Titel umso mehr. Darum wollte ich Ihre Titel und Namen mal mit Ihnen durchgehen, um Sie besser kennen zu lernen. Was genau ist ein Pfarrvikar?
Pfarrvikar ist kein biblischer Begriff (anders als z.B. „Pastor“). Ein Pfarrvikar ist ein ordinierter Pastor und – um es mit dem Kirchenrecht zu sagen – jemand, der sich in der 3. Phase der Ausbildung eines Pfarrers der SELK befindet. Die 1. Phase ist das Studium, die 2. das Vikariat und die 3. das Pfarrvikariat. Ich bin derzeit noch nicht von den Gemeinden hier berufen, darum auch noch kein „Pfarrer“. Die Kirchenleitung hat mich hierher entsandt. Das Pfarrvikariat ist in der Regel ein Jahr lang und gleicht einer Art Probezeit. Am Ende entscheidet die Kirchenleitung darüber, ob ich dauerhaft in den Dienst der SELK übernommen werde (diese Entscheidung ist die sogenannte „Qualifikation“). Wenn das erfolgt ist, können die Gemeinden mich berufen und ich werde, so Gott will, mit der gottesdienstlichen Einführung Ihr Pfarrer. Ich gebe zu, dies alles ist schon ziemlich kompliziert.
Sie tragen einen biblischen (Vor-)Namen. Wieviel ‚Michael‘ steckt in Ihnen? Was uns nämlich wohl am meisten interessiert: was sind Sie für ein Typ? Wie würden Sie sich als Person beschreiben?
„Michael“ ist hebräisch und bedeutet: „Wer ist wie Gott?“ Die Antwort ist mitgemeint und lautet natürlich: „Niemand ist wie Gott.“ Einer der wichtigsten Erzengel heißt so und darum heißt das große Fest der Engel, das wir am Ende September feiern, auch Michaelis. Auch wenn ich große Zweifel habe, inwieweit ich einem Engel gleiche, haben meine Eltern den Namen treffend herausgesucht, finde ich. Er erinnert mich daran: „Da ist jemand über dir: Gott. Werde nicht hochmütig und halte nicht von dir zu viel!“ Das ist eine wichtige Erinnerung für mich, weil mir bewusst ist, dass Gott mir Talente mitgegeben hat. Ich organisiere gerne, gehe gerne auf andere Leute zu, versuche gut zuzuhören und Gemeinschaft zu fördern. Menschlich gesehen kann man vielleicht auch sagen, dass ich erfolgreich bin: Mit Doktortitel, glücklich verheiratet… Darum brauche ich unbedingt die Erinnerung: „Hochmut kommt vor dem Fall.“
Den Namen ‚Wenz‘ haben manche in der SELK schon mal gehört. Ihr Vater ist Pastor Dr. Armin Wenz, Dozent an Lutherischen Theologischen Hochschule in Oberursel. Inwieweit hat Sie der Beruf Ihres Vaters als Pastor und später als Dozent (vor-)geprägt?
Pfarrersohn zu sein heißt, dass man die Vor- und Nachteile dieses Berufs schon als Kind mitbekommt. Welcher Vater kann mitten unter der Woche nachmittags mit seinen Kindern Sport machen und ist bei jeder Mahlzeit zu Hause? Andererseits sind Pastoren auch vielfältig belastet. Das kann so weit gehen, dass sie kaum Zeit für Ehefrau und Familie haben, was aber bei meiner Familie – Gott sei Dank – nicht der Fall war. Mein Vater hat mich damals ermutigt, darüber nachzudenken Pfarrer zu werden, aber keinen Druck ausgeübt. Für meine Entscheidung waren, denke ich, andere Faktoren ausschlaggebend: Die Gemeinschaft mit den Theologiestudenten auf dem Campus, als ich noch Schüler war (mein Vater war damals Pfarrer der Oberurseler Gemeinde), spielte eine Rolle. Außerdem inspirierte mich ein Auslandsjahr in den USA in der 10. Klasse, als ich eine lutherische Schule besuchte und es im Religionsunterricht in erster Linie um biblische Inhalte ging – anders als ich es in Deutschland erlebt habe.
Zu dem ‚Herrn Wenz‘ gehört zu unserer großen Freude seit einigen Wochen eine ‚Frau Wenz‘. Ein paar Fragen von mir als Romantiker: Wo haben Sie sich kennen gelernt und was schätzen Sie an Ihrer Frau am meisten?
Kennengelernt haben wir uns im Ostinato-Chor. Es handelt sich um einen Chor für Jugendliche und junge Erwachsene, der in der östlichen Kirchenregion der SELK beheimatet ist. Ich habe ein paar Jahre in Berlin gelebt und mich diesem Chor angeschlossen, der von Kantor Georg Mogwitz (Leipzig) geleitet wird. 2022 stieß Daniela zum Chor und dann nahm das ganze seinen Lauf. Die ersten Treffen zu zweit waren Spaziergänge in Erfurt und Weißenfels, wo wir für Probenwochenenden waren, und dann in Oberursel, wo damals zwei von Danielas Geschwistern wohnten. Dort war dann auch die Verlobung, die in meiner Erinnerung wirklich romantisch war: Mit roten Rosen, Picknick und abends Restaurantbesuch beim Italiener. Ich schätze an Daniela sehr, dass sie mich in meinen Dienst als Pastor so hingebungsvoll unterstützt, nicht zuletzt mit ihrem Gebet, und dass sie mich immer wieder auf Gottes Handeln in Jesus Christus verweist. Ich könnte noch viele andere Qualitäten aufzählen, aber diese Frömmigkeit (im besten Sinne des Wortes) schätze ich am meisten. Ich weiß, es mag komisch klingen: Aber obwohl wir noch nicht einmal zwei Monate verheiratet sind, kann ich es mir ohne sie gar nicht mehr vorstellen.
Doktor sind Sie, weil Sie über Johannes (Chrysostomos) von Antiochia promoviert haben. Wie kam es dazu? Wer war er? Und was können wir heute von ihm lernen?
In der Endphase meines Studiums ermutigten mich einige meiner Professoren und Freunde sowie Bischof Voigt, eine Promotion in Erwägung zu ziehen. Ich selbst hätte mir gut vorstellen können, schon damals ins Vikariat zu gehen. Aber ich bewarb mich bei einem Professor in Berlin doch für die Promotion und wurde angenommen. Johannes war eine faszinierende Persönlichkeit. Er wurde in der Mitte des 4. Jh.s geboren, war zunächst Mönch und dann Priester in Antiochien, im heutigen Grenzgebiet zwischen Syrien und der Türkei. Damals war es eine der größten Städte des römischen Reiches und im Übrigen ja der Ausgangspunkt der Reisen des Paulus gewesen. Antiochia war eine multikulturelle und multireligiöse Großstadt. Johannes hielt zahlreiche aufrüttelnde Predigten über eine Vielzahl biblischer Bücher. Als ein Aufstand wegen Steuererhöhungen die Stadt erschütterte und sie in der Gefahr war vom Kaiser Theodosius dem Erdboden gleichgemacht zu werden, hielt er eindringliche Mahn- und Trostpredigten an die Bevölkerung, während der ihm übergeordnete Bischof zum Kaiser eilte um darum zu bitten, die Stadt zu verschonen. In diesem Zeitraum hielt Johannes auch die Predigten über Jesaja 6, die ich für meine Dissertation in rhetorischer Perspektive untersucht habe. Johannes macht darin deutlich, dass es trotz aller irdischen Herrlichkeit darauf ankomme, zu Gott aufzusteigen. Um dies zu ermöglichen begibt sich Gott herab zu uns Menschen. Dies wird besonders im Heiligen Abendmahl greifbar. Spannend: Schon damals sang die Gemeinde das „Heilig, heilig, heilig“ im Rahmen der Abendmahlsliturgie – genauso wie wir heute. Chrysostomos bedeutet übrigens „Goldmund“, ein Name, der ihm erst nach seinem Tod wegen seines großen rhetorischen Talents beigelegt wurde.
Wie haben Sie sich als neuer Pastor in Braunschweig und Gifhorn denn rein örtlich eingelebt? Wie gefällt Ihnen Stadt und Land?
Kurz gesagt: Wir fühlen uns hier sehr wohl. Im Heidberg ist es schön und wir gehen gerne am See oder sonst in der Gegend spazieren. Zuletzt waren wir zum ersten Mal im Bürgerpark: Herrlich! Mit dem Fahrrad bin ich auch schon einmal nach Wolfenbüttel gefahren. Mein Eindruck ist: Es gibt noch sehr viel Schönes für uns zu entdecken.
Was wussten / dachten Sie als ‚Nicht-Niedersachse‘ eigentlich über Land und Leute? Norddeutschen hängt ja das Klischee an, eher kühl und reserviert zu sein…
Mein Eindruck ist, dass in Städten oft die traditionellen regionalen Mentalitäten nicht so stark ausgeprägt sind. Bisher machen auf mich jedenfalls weder die Braunschweiger noch die Gifhorner einen kühlen oder reservierten Eindruck. Ich selbst habe ja meine Wurzeln mehr im Süden: in Baden (väterlicherseits), Franken (mütterlicherseits) und Hessen (geboren und viele Jahre dort gelebt). Was mir am ehesten fehlt hier im Norden sind die Hügel und Berge. Meine Frau hingegen fühlt sich ganz zu Hause, wenn es flach ist. Und als Pfarrersohn und Theologiestudent bin ich viele Umzüge gewohnt und insofern auch die Anpassung an neue Umstände. Etwas besonderes in Braunschweig ist natürlich, dass viele Perser (und einige Afghanen) zur Gemeinde gehören. Das ist ein Grund, Gott zu danken, und mich freut, dass das Reich Gottes hier über die Grenzen von Herkunft, Volk und Mentalität hinaus gebaut wird.
Als Pastor haben Sie natürlich nicht nur einen touristischen Blick auf uns in Braunschweig und Gifhorn. Was ist Ihnen an unseren Gemeinden als ‚Neuer‘ aufgefallen – schließlich haben Sie deutlich mehr SELK-Gemeinden erlebt, als die meisten von uns?
Aufgefallen ist uns direkt die herzliche Aufnahme in beiden Gemeinden – auch das spricht übrigens gegen angebliche norddeutsche „Reserviertheit“. Ich denke da sowohl an den festlichen Einweisungsgottesdienst als auch an die Geschenkkörbe, die uns als frisch verheiratetes Paar natürlich doppelt gefreut haben. Die beiden Gemeinden sind natürlich sehr unterschiedlich.
Gifhorn erinnert mich ein wenig an die Görlitzer Gemeinde, die erste Pfarrstelle meines Vaters, wo wir 1995 bis 2004 wohnten: Klein, aber fein. Große Treue einer kleinen Schar in schweren Zeiten. Möge Gott dazu seinen Segen geben!
In Braunschweig ist es so, dass es mir noch schwer fällt, die Übersicht zu bekommen. Es wird noch ein paar Monate oder länger dauern, bis ich die Gottesdienstgemeinde und erst recht die ferner Stehenden kennenlerne. Es ist auf jeden Fall ein Zeichen der Hoffnung, dass alle Generationen hier vertreten sind und auch junge Menschen Verantwortung übernehmen. Schön, die Kinder hier in den Gottesdiensten zu sehen. Denn „Kinder sind eine Gabe des HERRN.“ (Ps 127,3)
Was macht eigentlich der Mensch Michael Wenz, wenn er gerade nicht Pastor ist? Was sind Ihre Hobbies und Interessen?
Es hat sich schon herumgesprochen, dass ich einen Jagdschein habe. Leider hatte ich aber bisher wenig Gelegenheit, auf Jagd zu gehen. Ich hoffe, das ändert sich und ich finde die Zeit dazu. Sonst mache ich gerne Sport (allerdings bisher nicht im Verein): Fahrradfahren, Joggen und Basketball. Schließlich bin ich ehrenamtlich tätig im Vorstand der Corpus-Christi-Association. Diese richtet jedes Jahr im Sommer ein großes Treffen für lutherische Jugendliche und junge Erwachsene aus ganz Europa aus. Dort gibt es Andachten, Vorträge zu biblischen Themen, Möglichkeit zum Austausch über das Christsein im 21. Jh., Freizeitaktivitäten und mehr. Als Vorstandsmitglied habe ich da immer viel zu tun. Aber es ist auch eine erbauliche, ermutigende Arbeit. Dieses Jahr findet das Treffen in Wittenberg statt und ich habe mich gefreut zu hören, dass sich auch einige unserer Gemeindeglieder angemeldet haben.
Über eines Ihrer Hobbies wurde uns schon sehr früh berichtet: Sie haben mal etwas farsi gelernt? Sie dürfen die Frage ruhig in persischer Sprache beantworten!
Lieber noch nicht. 2015 habe ich in Tübingen studiert und den Persisch-A1-Kurs absolviert. Nun versuche ich wieder hineinzukommen. Aber das braucht seine Zeit.
Wir wollen Sie heute noch nicht festnageln, aber wissen Sie schon, wo Sie die Schwerpunkte in Ihrer Arbeit legen wollen?
Eine schwierige Frage. Im Mittelpunkt meiner Arbeit stehen für mich die Gottesdienste (in der Regel) am Sonntag. Hier, in Wort und Sakrament, ist die grüne Weide und das frische Wasser für die Herde des guten Hirten, wovon ja auch ich als Unterhirte lebe. Ich bemühe mich daher, die Gottesdienste und Predigten gut vorzubereiten. Sonst ist es durchaus nicht einfach, im Meer der Arbeitsmöglichkeiten zu priorisieren, wo ich die Netze auswerfen soll. Mein Ziel ist es Gifhorn über die viele Arbeit in Braunschweig nicht zu vergessen, sondern dort auch präsent zu sein. In Braunschweig möchte ich sowohl für die „Alteingessenen“ als auch für die „Neudazugekommenen“ da sein. Bitte sehen Sie mir nach, wenn ich nicht jeden Bereich so abdecken kann, wie das wünschenswert wäre. Bei der derzeitigen Personaldecke der SELK ist das einfach nicht möglich. Außerdem bringen sich – Gott sei Dank – viele Menschen an unterschiedlichen Stellen ein. Im Leib Christi sind die Pastoren Glieder ebenso wie die anderen Gemeindeglieder. Christus ist das Haupt und auf ihn kommt es an.
Pastor Wenz, ich danke Ihnen für Ihre Antworten und wir beten, für Sie und Ihre Arbeit. Haben Sie -verbunden damit- zum Abschluss noch ein Gebetsanliegen, dass Ihnen besonders am Herzen liegt?
Vielen Dank! Es stärkt mich ungemein zu wissen, dass Sie, liebe Brüder und Schwestern, für mich und meine Arbeit beten. Erinnern Sie mich doch gerne ab und zu im persönlichen Gespräch daran. Für einen Pastor gibt es viele Anfechtungen und Herausforderungen: teils in ihm selbst, manchmal in seiner Familie, oft in den Gemeinden, denen er dient, und auch in der Gesamtkirche. Beten Sie gerne dafür, dass Gott mir helfe und mich vor Hochmut bewahre. Und ein weiteres Gebetsanliegen: dass Gott in dieser schwierigen Zeit in diesem in weiten Teilen gottlos gewordenen Erdteil und besonders an unseren Orten eine Erweckung und Erneuerung seiner Kirche durch sein Wort bewirke.
Vielen Dank!